Mattensplitter

Warum wir Frauenringen in der Liga brauchen…

Geschrieben von Aline Rotter-Focken

NRW hat als zweiter Landesverband in Deutschland das Frauenringen in den Ligen-betrieb eingegliedert. Natürlich funktioniert dies nach dieser kurzen Entwicklungszeit noch nicht überall optimal, aber genauso ist es ja auch bei allen anderen neuen Projekten oder auch dem Männer- Mannschaftsringen. Dort lief es ja in den letzten Jahren alles andere als optimal und doch wurde immer weiter daran festgehalten und dem Ganzen Zeit gegeben sich zu erholen und weiterzuentwickeln.

Zu Recht wie man an der Entwicklung in NRW sehen kann…

Und diese Zeit muss man dem Frauenringen in der Liga auch geben. Es wurde erst vor 5 Jahren beschlossen, dass Frauen in den Ligen-betrieb eingegliedert werden sollen. Natürlich ist nachvollziehbar, dass es nicht alle Vereine so schnell schaffen Frauen in Ihre Vereinsarbeit zu integrieren und gezielt auszubilden. Aber es sind bereits einige mit gutem Beispiel vorangegangen. Von Ihnen kann man sich auch etwas abschauen oder Tipps holen. Das Ziel muss sein, dass die Frauen und Mädchen genauso gesucht und angesprochen werden wie es bei den Jungs und Männern der Fall ist.

Warum?

Frauenringen ist erst seit 2004 olympisch und hat seitdem eine unglaubliche Entwicklung durchgemacht. Wo man vor einigen Jahren noch sehr wenig Starterinnen aus überwiegend westeuropäischen Nationen auf den Ringermatten dieser Welt sehen konnte, sieht man nun bei Weltmeisterschaften hohe Teilnehmerzahlen aus der ganzen Welt. Dabei ist es auch nicht mehr entscheidend welche Glaubensrichtung in diesen Ländern vorherrschen. Tunesien, Ägypten und die Türkei als vorwiegend muslimische Länder gehören zu den erfolgreichsten Nationen der letzten Jahre. Und warum? Weil Sie vor einigen Jahren erkannt haben wie viel Potential im Frauenringen steckt und wie viel man in einer noch jungen Disziplin entwickeln kann.

Frauenringen hat sich auch technisch extrem weiterentwickelt und ist mittlerweile im Spitzenbereich nicht weniger anspruchsvoll als die Freistil- Männer.

Die internationalen und olympischen Medaillen im Frauenringen sind für den Verband und seine Finanzierung genauso wichtig wie die der männlichen, weshalb auch die Dach- und Spitzenverbände ganz klar in der Verantwortung stehen die anderen 50% der Bevölkerung, die weiblich sind zu fördern.

Wir in Deutschland haben sowieso nicht genug aktive Mitglieder in den Ringervereinen und viele davon schließen die weiblichen von vorneherein aus. Und das muss sich ändern, wenn wir wieder eine große Ringernation werden wollen, in der jeder unsere Sportart kennt und liebt wie wir es tun.

Und damit ist auch klar, dass man damit an der Basis anfangen muss. Und das ist nun mal direkt in den Vereinen, die überwiegend vom Ligen-betrieb leben.

Die Mädchen und Frauen haben in Deutschland zwar Turniere bei denen Sie kämpfen können, diese werden aber (insbesondere in den letzten Jahren) immer weniger, da es auch immer weniger Ausrichter gibt. Die Wettkampfroutine- und Härte, die sich Ihre männlichen Mitstreiter über den Herbst / Winter bei den Mannschaftskämpfen holen können bleibt Ihnen ohne Mannschaftsringen verwehrt.

Weiterhin sind diese Turniere sehr selten für den „Breitensport“ geeignet. Die wenigen Turniere in der Region werden durch eine nicht vorhandene Bundesliga auch von vielen professionellen Athletinnen zur Vorbereitung genutzt. Damit werden diese Wettkämpfe insbesondere für Nachwuchsathletinnen sehr uninteressant, da Sie entweder kaum Gegnerinnen haben, oder einfach von Ihren weitaus überlegenen Kontrahentinnen „abgeschlachtet“ werden.

Es gibt keine Chance für Mädchen / Frauen, die Ringen als Breitensport betreiben wollen. Entweder ganz auf Wettkämpfen und deutschen Meisterschaften oder gar nicht, weil man sonst eben auf Dauer nur verliert und nie Kämpfe auf Augenhöhe hat.

Für die professionellen Athletinnen muss es meiner Meinung nach auch bald die Chance geben in der Bundesliga mit zu ringen, denn diese haben dann auch nichts in den unteren Ligen, wo Nachwuchsathletinnen kämpfen sollen zu suchen.

Man kann leider nur Akzeptanz für Neues in der Gesellschaft schaffen, wenn die Leute das kennen was Sie sehen und wenn man es in die Mitte des Geschehens holt und möglichst viele Menschen damit in Kontakt bringt. Es bringt also nichts eine eigene ganz kleine Liga für die Frauen zu gründen, die dann wieder abseits von Zuschauern und Aufmerksamkeit vor dem eigentlichen Hauptkampf kämpfen. Die jungen Mädchen sollen Ihre Vorbilder samstagsabends zur Primetime als Teil des Teams und als wichtige Punktelieferanten sehen und erleben können, sodass auch Sie sich trauen Ringen einmal auszuprobieren und die Eltern Ihre Vorbehalte verlieren. Das Mannschaftsringen ist nun mal das Aushängeschild des Ringens in Deutschland und damit überregional die meistbesuchten Ringerevents.

Außerdem bin ich der Meinung, dass man es nicht immer nur als „Bürde“ sehen muss sich Mädels ins Training und in die Mannschaft zu holen. Ich habe jahrelang sehr tolle Erfahrungen in meinen immer gemischten Trainingsgruppen gemacht, bei dem viele Jungs genauso Technik-, Taktikinhalte etc. von mir und meinen Kolleginnen lernen konnten wie andersherum. Ich gehe noch weiter, in dem ich sage, dass Frauen definitiv das einfacher zu trainierende Geschlecht sind, da Sie oft aufmerksamer und genauer sind. Techniktraining macht also besonders in gemischten Gruppen viel Sinn, da die Herangehensweise gerne mal unterschiedlich aber auch bereichernd ist. Außerdem können Frauen genauso auch zu den Aushängeschildern der Vereine werden, dazu müssen Sie aber erstmal angenommen und ausgebildet werden.

Und das hat ja wie man leider gesehen hat bisher nicht wirklich geklappt. Die wenigsten Vereine sind von sich aus bereit Frauenringen proaktiv zu fördern, weshalb es wohl leider eine kleine Art „Zwang“ mit den Mannschaftskämpfen bedarf, damit manche Vereine überhaupt mal reagieren.

Es passiert noch immer viel zu oft, dass Frauen vom Ringertraining einfach nur aufgrund Ihres Geschlechts ausgeschlossen werden, oder weil Sie schlicht und einfach die Jungs besiegen.

In anderen Ländern wie Polen und Indien klappen gemischte Mannschaftskämpfe im Übrigen sehr gut. Ich durfte selbst einmal Teil der stärksten Liga in Polen sein und dort nicht nur wertvolle Wettkampferfahrungen gegen internationale Spitzenathletinnen sammeln, sondern auch endlich mal im Fokus vor Zuschauern stehen und mir ein paar wenige Euro zu meinem Lebensunterhalt als Leistungssportlerin dazu verdienen. Diese Chance und Erfahrung möchte ich auf keinen Fall missen und ich bin der Meinung, wenn es solche Länder schaffen alle Athleten zu integrieren, dann sollte es ein so fortschrittliches Land wie Deutschland auf jeden Fall auch schaffen.

Es ist Fakt, Mädchen brauchen auch weibliche Vorbilder, wir brauchen mehr starke Frauen auf der Welt und das tollste ist, um diese beim Ringen zu bekommen brauchen wir gar nicht so viel Außergewöhnliches zu tun. Man muss das Rad nicht neu erfinden, man braucht nicht 100 extra Trainer oder eine komplett neue Ausbildung. Man braucht nur mehr Akzeptanz, Motivation und die richtigen Leute die sich dahinterklemmen und engagieren, so wie das einige bei mir damals auch gemacht haben. Niemand hat für mich den roten Teppich in der Halle ausgerollt, ich habe dieselben Programme gemacht wie meine männlichen Trainingspartner, aber ich wurde (zumindest überwiegend) akzeptiert und genauso gefördert wie alle anderen.

Deshalb mit der Bitte an alle Funktionäre und Vereine: Auch, wenn das alles noch nicht ganz optimal und rund läuft mit dem Frauenringen in der Liga, bitte gebt nicht auf und lehnt es nicht von vorneherein ab, bitte gebt euch Mühe und versucht diese Entwicklung mit zu unterstützen. Wir brauchen jede Möglichkeit und jeden Schritt in die richtige Richtung und natürlich letztendlich einfach auch ein bisschen Geduld, so wie mit jedem anderen Projekt auch was wir starten!

Danke, Eure

Aline Rotter-Focken